Home Alleinerbe kann gegen sich selbst gerichteten Pflichtteilsanspruch trotz Verjährung noch als Nachlassverbindlichkeit vom Erwerb abziehen

Alleinerbe kann gegen sich selbst gerichteten Pflichtteilsanspruch trotz Verjährung noch als Nachlassverbindlichkeit vom Erwerb abziehen

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Der Alleinerbe kann nach dem Tod des verpflichteten Erblassers seinen nunmehr gegen sich selbst gerichteten Pflichtteilsanspruch auch dann noch geltend machen und als Nachlassverbindlichkeit vom Erwerb abziehen, wenn der Anspruch bereits verjährt ist. Dies hat das Finanzgericht (FG) Schleswig-Holstein entschieden. Es grenzt sich damit vom FG Hessen ab, das die gegenteilige Ansicht vertritt (Urteil vom 03.11.2015, 1 K 1059/14). Die zugelassene Revision ist beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen II R 17/16 anhängig.

Der Kläger war Alleinerbe seiner Stiefmutter. Diese hatte zusammen mit dem Vater des Klägers ein notarielles gemeinschaftliches Testament, worin beide sich gegenseitig als Alleinerben und den Kläger zum Erben des Überlebenden einsetzten. Der Vater des Klägers verstarb im Oktober 2003, die Stiefmutter im Januar 2014. In seiner Erbschaftsteuererklärung gab der Kläger seinen eigenen Pflichtteilsanspruch gegen die Stiefmutter als Nachlassverbindlichkeit an. Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung mit der Begründung ab, der Pflichtteilsanspruch sei bereits verjährt.

Nach Überzeugung des FG ist der Pflichtteilsanspruch nicht nach seiner Entstehung erloschen und kann dementsprechend vom Kläger geltend gemacht werden. Eine verjährte Forderung sei (bleibe) voll wirksam und einklagbar. Sie sei lediglich behaftet mit der Einrede der Verjährung, sodass der Anspruch nicht durchgesetzt werden könne, wenn der Schuldner die Einrede erhebt. Ein Erlöschen durch Konfusion (Vereinigung von Forderung und Schuld in einer Person) scheide ebenfalls aus, da im Erbschaftsteuerrecht diese Fälle als nicht erloschen gölten. Der erkennende Senat hat – anders das Hessische FG – auch die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs als wirksam und ernsthaft im Sinne des § 10 Absatz 5 Nr. 2 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes angesehen. Moralische Bedenken stünden der Geltendmachung des Anspruches nicht entgegen.

Finanzgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 04.05.2016, 3 K 148/15, nicht rechtskräftig


Miles Bäßler

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Rechtsanwalt Miles B. Bäßler