Erbschaftsteuerliche Privilegierung von Betriebsvermögen verfassungswidrig
Bundesverfassungsgericht setzt eine lange Umsetzungsfrist bis zum 30. Juni 2016
Heute entschied das Bundesverfassungsgericht über die Erbschaftsteuerregelung für Unternehmenserben. Die bisherige Entlastungsregelung, durch die Erben kaum oder sogar keine Erbschaftsteuer für geerbtes Betriebsvermögen entrichten müssen, verstößt aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts in einigen Bereichen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art 3 Abs. 1 Grundgesetz.
Das oberste deutsche Gericht setzte eine lange Umsetzungsfrist bis zum 30. Juni 2016, sodass damit gerechnet werden kann, dass die aktuelle Rechtslage noch eine Weile verbleibt.
Seit dem Jahr 2009 gilt bei der Erbschaft von Personen- oder Kapitalgesellschaften eine sogenannte Verschonungsregel. Wird das Unternehmen bei gleichbleibendem Lohnniveau mindestens 5 Jahre fortgeführt, dann werden 85% der Steuern erlassen. Nach 7 Jahren entfällt die Steuerschuld mitunter ganz. Betriebe, mit bis zu 20 Mitarbeiten können unter bestimmten Voraussetzungen generell steuerfrei vererbt bzw. verschenkt werden.
Die Verschonungsregelung soll vor allem Unternehmen schützen, deren Fortbestand durch das Entrichten der Erbschaftsteuer aus dem Betriebsvermögen bedroht wäre bzw. in denen Arbeitsplätze abgebaut werden müssten, um die Steuerschuld zu begleichen. Geschützt werden soll damit das sogenannte produktive Vermögen.
Die Verfolgung dieses Ziels durch den Gesetzgeber – auch was eine Verschonung von 100 % anbelangt – ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Die konkrete Ausgestaltung der Verschonung verstößt jedoch insofern gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz – in einem Vergleichsmaßstab zwischen Erben betrieblichen und nicht betrieblichen Vermögens – sofern Unternehmen bis zu 20 Mitarbeitern generell von der Verschonung profitieren können ohne einer Bedürfnisprüfung zu unterliegen.
Darüber hinaus hält es das BVerfG mit dem Grundgesetz nicht vereinbar, dass bis zu 50 % Verwaltungsvermögen ggf. nicht besteuert wird. Erst recht sehen die Richter den Verschonungsregelungen bei Unternehmen mit über 20 Beschäftigten, die durch eine steuerliche Gestaltung wie eine Betriebsaufspaltung unter Nutzung der 50 % – Regel in Konzernstrukturen erlangt werden, kritisch.
Bundesfinanzminister Schäuble hatte schon vor der Verkündung des Urteils angekündigt, dass er mit dem Bundestags-Finanzausschuss beraten werde um eine Lösung zu finden Firmenerben weiterhin zu entlasten. Für die rund drei Millionen Familienunternehmen in Deutschland könnten sonst existenzielle Liquiditätsprobleme im Zuge der Unternehmensnachfolge entstehen.
Sie haben Fragen zum Thema Betriebsvermögen?
Wenden Sie sich gerne an Ihren Partner für Unternehmensnachfolge
Steuerberater und Dipl.-Kfm. Matthias Brinkmann