Home Nacherbschaft: Grundbuchamt darf annehmen, dass 59-Jährige noch schwanger werden kann

Nacherbschaft: Grundbuchamt darf annehmen, dass 59-Jährige noch schwanger werden kann

Schwangerschaft

Bestimmt ein Erbvertrag bereits vorhandene und auch künftige Kinder einer Erbin zu Nacherben, kann das Grundbuchamt bei der Umschreibung eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks auf die mittlerweile 59 Jahre alte Erbin auch im Hinblick auf eine künftige Schwangerschaft der Erbin noch auf der Aufnahme eines Nacherbenvermerks in das Grundbuch zu bestehen haben. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschieden. Ein solcher Vermerk sichere zugunsten des Nacherben den Erwerb des Grundstücks bis zum Eintritt des Nacherbfalls.

Die 1956 geborene Beteiligte ist die Tochter der 2015 verstorbenen Erblasserin. 1959 schlossen Mutter und Tochter einen Erbvertrag ab, mit dem die Mutter ihre Tochter zur Erbin einsetzte. Zugleich bestimmten sie den Sohn der Beteiligten und für den Fall, dass die Tochter weitere leibliche Kinder bekommt, sämtliche Kinder zu gleichen Teilen zu Nacherben. Nach dem Tod der Mutter beantragte die Beteiligte die Umschreibung eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks auf sie als Eigentümerin. Dabei versicherte sie, abgesehen von ihrem Sohn, der auf seine Eintragung als Nacherbe im Grundbuch verzichtet habe, keine weiteren Abkömmlinge zu haben. Im Grundbuchverfahren erklärte sie zudem, auch zukünftig keine (künstliche) Befruchtung zu planen. Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Grundbuchamt den Antrag, die Beteiligte ohne Nacherbenvermerk als Eigentümerin des Grundstücks ins Grundbuch einzutragen, zurück. Die zukünftige Geburt von Kindern könne – so das Amt – nicht ausgeschlossen werden.

Die von der Tochter gegen die Entscheidung des Grundbuchamtes eingelegte Beschwerde ist erfolglos geblieben. Das OLG Hamm hat die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt. Die Beteiligte sei nicht ohne Nacherbenvermerk als Grundstückseigentümerin einzutragen. Nach der erbvertraglichen Erbeinsetzung seien auch später geborene leibliche Kinder der Beteiligten als Nacherben zu berücksichtigen. Mit den im grundbuchrechtlichen Antragsverfahren zulässigen Beweismitteln lasse sich nicht nachweisen, dass der Eintritt dieser Bedingung – die Geburt weiterer leiblicher Kinder der Tochter – ausgeschlossen sei.

Den Beweis könne die Beteiligte mit in dem Verfahren als Beweismittel grundsätzlich zugelassenen Urkunden nicht führen. Es sei auch nicht offenkundig, dass die Beteiligte nicht mehr schwanger werden könne. Denkbar sei eine künstliche Befruchtung, die die Geburt eines leiblichen Kindes zur Folge haben könne. Nach den von der Reproduktionsmedizin geschaffenen Möglichkeiten könnten heute Frauen auch jenseits der Menopause noch schwanger werden. Die Angabe der Beteiligten, dass sie in Zukunft keine künstliche Befruchtung plane, gebe insoweit lediglich ihre Motivationslage wieder und stelle keine dem Nachweis zugängliche Tatsache dar.

Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 15.12.2015, 15 W 514/15, rechtskräftig


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Rechtsanwalt Miles B. Bäßler