Steuergeheimnis steht Anzeigepflicht einer Bank nicht immer entgegen
Es ist mit EU-Recht (konkret: Artikel 49 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union) vereinbar, wenn eine Regelung eines EU-Mitgliedstaats vorsieht, dass Kreditinstitute mit Sitz in diesem Mitgliedstaat den nationalen Behörden Vermögensgegenstände, die bei ihren unselbstständigen Zweigstellen in einem anderen Mitgliedstaat verwahrt oder verwaltet werden, im Fall des Ablebens des Eigentümers dieser Vermögensgegenstände, der im erstgenannten Mitgliedstaat Steuerinländer war, anzeigen müssen. Wie der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) auf eine Vorlage des Bundesfinanzhofes (BFH) entschieden hat, gilt das auch dann, wenn im zweitgenannten Mitgliedstaat keine vergleichbare Anzeigepflicht besteht und Kreditinstitute dort einem strafbewehrten Bankgeheimnis unterliegen.
Konkret ging es um die Frage der Vereinbarkeit des § 33 Absatz 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) mit EU-Recht. Nach dieser Vorschrift hat, wer sich geschäftsmäßig mit der Verwahrung oder Verwaltung fremden Vermögens befasst, diejenigen in seinem Gewahrsam befindlichen Vermögensgegenstände und diejenigen gegen ihn gerichteten Forderungen, die beim Tod eines Erblassers zu dessen Vermögen gehörten, dem für die Verwaltung der Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt schriftlich anzuzeigen.
Dem Verfahren vor dem BFH lag ein Rechtsstreit zwischen der Sparkasse Allgäu und dem Finanzamt Kempten zugrunde. Das Kreditinstitut hatte sich geweigert, das Finanzamt über bei seiner unselbstständigen Zweigstelle in Österreich geführte Konten von Personen zu informieren, die zum Zeitpunkt ihres Todes in Deutschland Steuerinländer waren.
Der mit der Sache befasste BFH hatte sich gefragt, ob § 33 Absatz 1 ErbStG die Niederlassungsfreiheit beschränkt, obwohl die Anzeigepflicht im Sinne dieser Bestimmung für alle deutschen Kreditinstitute gleichermaßen gilt. Aufgrund dieser Pflicht würden nämlich deutsche Kreditinstitute davon abgehalten, in Österreich über eine Zweigstelle geschäftlich tätig zu werden. Der BFH fragte sich aber auch, ob sich eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit auch aus dem Zusammenwirken der Rechtsvorschriften des Sitzmitgliedstaats des Kreditinstituts, also der Bundesrepublik Deutschland, mit den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem die Zweigstelle belegen ist, also der Republik Österreich, ergeben könne und welchem Mitgliedstaat eine solche Beschränkung zuzurechnen sei.
Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 14.04.2016, C–522/14
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Rechtsanwalt Miles B. Bäßler